Wer auch immer den Ausspruch „Am Ende der Welt“ erfunden hat, er war genau an diesem Punkt: mitten im schwedischen Nichts. Einem Platz, irgendwo zwanzig Kilometer tief im Wald zwischen dem Örtchen Töcksfors und der norwegischen Grenze.
Hier liegt „Ivansson Bilskrot“. Ein riesenhaft wirkendes Waldstück, auf dem hunderte verrottende Autowracks lagern. Ein Kleinod automobiler Historie.
Ivanssons Platz einfach als Schrottplatz abzutun – auch, wenn er so heißt -, wird ihm nicht gerecht. In seiner gesamten Wirkung ist es nicht weniger als ein Kunstwerk. Eines derer, über dessen Erschaffung sich der Erbauer nicht bewusst ist, das über seine Bedeutung jedoch eben diesen Rang erlangt.
Dabei sind auf dem Bilskrot nicht unbedingt exotische Fahrzeuge zu finden. Vieles sind Fahrzeuge, die einst zu Tausenden die Straße befuhren. Darunter hauptsächlich Modelle wie der Morris One, VW Käfer, Ford Taunus sowie einige amerikanische Fahrzeuge.
Das ist nicht, was die Faszination ausmacht. Das Faszinierende an diesem Friedhof ist die Atmosphäre sowie die schiere Masse an Fahrzeugen.
Mit dem BMW 5er Gran Turismo unterwegs zur Bilskrot nach Båstnäs
Der Weg zur Bilskrot nach Båstnäs ist wie in einem Märchen
Wir haben den Platz vor einiger Zeit auf unserem Weg von Südschweden nach Oslo besucht. Ivansson Bilskrot liegt in Båstnäs, einem Ort, den kaum ein Navigationsgerät findet.
Von der E45 kommend biegen wir kurz hinter dem Ortseingang von Töcksfors an der Kirche links ab und folgen dem Weg geradeaus, Richtung Fäglvig.
Immer. Weiter. Tiefer in den Wald hinein.
Gerade, als wir denken: „Hier geht es nicht mehr weiter“, stehen links und rechts der Straße die ersten verrosteten Autos. Ein paar Meter noch und plötzlich stehen wir vor dem unglaublichsten Autofriedhof Nordeuropas.
Hier im schwedischen Vergessenwerden bauten die Gebrüder Ivansson zu Beginn der 1950er Jahre Torf ab. Eines Tages jedoch kam ihnen eine Idee: im benachbarten Norwegen war der Import von Autos illegal, nicht jedoch der Import von Teilen.
Entlang der Grenze etablierten sich so Mitte der 1950er Jahre Werkstätten. Die taten nichts anderes, als in Autos in Schweden zu zerlegen, die Teile nach Norwegen zu bringen und dort wieder zusammen zu bauen.
Die Gebrüder Ivansson taten genau das.
Und hörten drei Jahrzehnte lang nicht mehr auf, Autos zu sammeln und zu zerlegen.
Vom Hof zweier kauziger Brüder zum Pilgerort – die Bilskrot der Brüder Ivansson
Im Jahr 1986 dann jedoch schlossen sie ihre Werkstatt. Sie waren alt, das Geschäft lohnte zudem nicht mehr.
Die damals rund 1.000 Autos allerdings blieben. Und langsam begannen Rost und Natur ihr Werk.
Die Besichtigung des Platzes ist für Auto-Romantiker, als wären Kinder im Süßigkeitenladen eingeschlossen. Begehen und Fotos machen ist ausdrücklich erlaubt. Allein bewegt oder verändert werden darf nichts.
Zum einen ist dieser Platz in seiner Einzigartigkeit zu schützen. Zum anderen stellte die schwedische Regierung den Wald samt der automobilen Schätze bis ins Jahr 2050 hinein unter Schutz. Damit agiert die Regierung hoch oben im Norden entgegen einem Trend in Europa. Insbesondere in Frankreich ging die Regierung zuletzt vermehrt gegen Autofriedhöfe vor und zerstört so Plätze automobiler Kultur der anderen Art.
Hier, oben in Schweden – irgendwo im Nirgendwo – jedoch, kann man sich noch treiben lassen. Vom nostalgischen Gefühl einer Autowelt, wie sie nicht wieder kommen wird.