Der automobile Umbruch ist vor allem ein digitaler. Denn neben den neuen Antriebsmöglichkeiten – Strom und Wasserstoff – beschäftigen sich die Autobauer vor allem damit, wie sie eine größere Rolle in unserem mobilen Leben spielen können.

Da sind selbstfahrende Autos und In-Car-Entertainment nur ein Randbereich. Denn das Ziel der heutigen Gedankenspiele ist, Autos zum Smart Device zu machen. Das Fahrzeuge der nahen Zukunft soll intelligent vernetzt, nahtlos eingebunden und perfekt abgestimmt auf die individuellen Bedürfnisse jedes Nutzers sein.

Einen Einblick in das, was kommen könnte geben vor allem die Premium-Hersteller Audi, BMW und Mercedes immer wieder. Sie nennen für das neue, digital ausgerichtete Geschäft auch stetes Vorbilder: Apple, Google, Microsoft und Facebook.

Wohin die Entwicklung gibt zeigt zuletzt ein Interview mit Dieter May bei futurzone.

BMW: Per In-Car Kauf im Auto kurzfristig zu mehr Motorleistung

May ist bei BMW für Digitale Dienste und Geschäftsmodelle zuständig. Im Interview erklärt er vieles von dem, was da in den nächsten Jahren auf uns zukommt. Er spricht über CarSharing, den Kartendienst HERE und das personalisierte Fahrgefühl.
Eben jenes schliesst in Zukunft nicht nur die bisher verfügbaren individuellen Farben oder die persönliche Auswahl von Interieur und Motorleistung beim eigenen Autos ein. Vielmehr geht es darum, wie man das eigene Ding mit vier Rädern und Motor durch digitale Assistenten, Content-Angebote und technische Upgrades erweitern kann.

BMW ConnectedDrive Store

So orakelt May ein wenig: fahrzeugnahe Dienste seien in Zukunft auch denkbar. Zum Beispiel: „Da können Sie über den In-Car-Store Fahrzeugfunktionen kurzzeitig freischalten lassen. Wenn ich zum Beispiel für eine Reise nach Österreich mehr Leistung auf der Autobahn brauche, kann ich kurzzeitig 50 PS mehr Leistung aktivieren.“

Ein für BMW durchaus reizvoller Gedanke. Für manchen Kunden vielleicht ebenso. Und die Versicherungswirtschaft. Wer dann ein 50 PS Upgrade kauft spült so nicht nur sich Fahrfreude ins Auto, sondern BMW auch über den Autokauf hinaus in die Kasse. Und die Versicherung kann einen für die kurze Zeit in einen höheren Risiko-Tarif stufen; wie die Auslandskrankenversicherung beim ADAC.
Kfz-Versicherungen experimentieren bereits heute mit flexiblen Tarifen, zum Beispiel durch die Einführung von Telematik-Tarifen.

Schon heute kann man bei BMW über den ConnectedDrive Store digitale Funktionen wie Verkehrsprognosen, E-Mail-Empfang oder Entertainment-Funktionen jederzeit nachrüsten.

Audi: „Jetzt die Massagesitz-Funktion für 99 Cent freischalten?“

Für BMW ist dieses aktuell ein Gedankenspiel, jedoch eines mit realem Hintergrund. Bereits heute teilen sich diverse Modelle die gleichen Motoren und sind softwareseitig den Leistungsstufen angepasst.

Dabei ist BMW nicht der einzige Hersteller, der adaptiert, was Tesla mit dem jederzeit zukaufbaren „Autopilot“ vormacht.

Auf der Bilanzpressekonferenz für 2016 stellte Audi am Mittwoch seine Idee für In-Car-Käufe vor: AudiPay. Darüber sollen sich Funktionen wie die Massage im Sitz sowie weitere Ausstattungsmerkmale jederzeit temporär zukaufen lassen.

Was beim Kauf eines eigenen Autos unsinnig klingt, macht in einem anderen Nutzungsszenario total Sinn. Dann nämlich, wenn man ein Fahrzeug innerhalb von CarSharing-Angeboten oder über Kurzzeit-Leasing für einen begrenzten Zeitraum fährt. Schon heute kann man über Audi Select bis zu drei Fahrzeuge im Jahr fahren. In einem solchen Szenario ließen sich die Fahrzeuge voll ausstatten und auf Wunsch dann einfach die über das Basis-Paket hinaus, persönlich gewollten Funktionen freischalten.

Die automobile Zukunft geht über die Themen, die wir aktuell diskutieren durchaus hinaus. Dies zeigen die beiden Gedankenspiele von BMW und Audi.
Wir lösen uns von der Vorstellung, die wir von einem Auto in den letzten 100 Jahren hatten. Sie werden zu einer Hülle mit vier Rädern, bei denen das Erlebnis nicht mehr aus dem selbst fahren besteht, sondern aus dem Zeit haben – für Arbeit, Erholung oder dem Unterhalten-werden.