⭐️ 2/5
Autor: Fran Lebowitz
Vollständiger Titel: New York und der Rest der Welt
Original-Titel: The Fran Lebowitz Reader
Genre: Essay-Sammlung
Seiten: 352
Erschienen: 8. März 2022; 1. Auflage
Gelesen: Mai 2022
ISBN-10: 3737101434
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Irgendwer bei Rowohlt hat sich wohl an einem Wochenende mit der wunderbaren Netflix-Doku Pretend It’s a City eingegraben und anschließend gedacht: Mensch, von Fran Lebowitz gibt es ja noch gar nichts auf Deutsch! Und schwupps liegt „New York und der Rest der Welt“ in den Buchläden aus.
Fran Lebowitz ist eine Ikone in den USA. Ihr Witz legendär. Ich kenne sie nicht nur aus der oben erwähnten Doku, sondern auch aus unzähligen Talkshow-Auftritten. Erstmals „begegnete“ ich ihr in den 1990ern bei Lettermann, wo Lebowitz saß und lästerte. Eine wunderbare, kleine, garstig böse Frau. Wer die Sitcom Seinfeld mag, wird Lebowitz lieben.
Um so schöner fand ich bei einer Buchladen-Tour dann, als ich auf das Rowohlt’sche Werk stieß. Also – schwupps – gekauft. Was ich allerdings nicht geprüft hatte: Wann das liebe Buch im Original erschienen ist.
Denn „New York und der Rest der Welt“ ist alt. Sehr alt, um präzise zu sein.
Lebowitz hat seit Jahren nichts Neues mehr geschrieben. Und die Print-Seiten, welche nun erstmals auf Deutsch erschienen, haben schon spürbar einige Jahre auf dem Buckel. Sie nehmen den Leser mit ins New York der Jahre 1974 bis 1981. Ja, so alt … Es ist die vielfach neu aufgelegte, aber stets gleiche, Kolumnen-Sammlung Lebowitz‘ aus ihren Jahren bei Andy Warhols Interview und der Mademoiselle.
Was man Rowohlt dabei ankreiden muss ist nicht unbedingt, dass die Übersetzung hier und da wahrscheinlich einiges an Wortwitz abschleift. Das ist nun manchmal leider so. Vielmehr muss man Rowohlt ankreiden, dass man den zeitlichen Kontext nicht klar kommuniziert. Und, dass man wirklich stumpf das 1994 veröffentlichte Best-of der in die Jahre gekommenen Essays veröffentlichte. Ohne auch nur den geringsten gesellschaftlichen oder historischen Kontext zu geben.
Zuweilen wirken die Texte dann sehr anachronistisch und man merkt ihnen das Alter an. Dann zum Beispiel, wenn sie seitenlang über teure Taschenrechner oder Schnurtelefone schreibt. Odern, wenn Lebowitz mit Namen und Orten um sich wirft, die man weder im zeitlichen noch gesellschaftlichen Kontext einzuordnen vermag.
Manch Pointe auf diesen Seiten hätte man retten können, wäre sie dem Verlag den Aufwand einer einordnenden Fußnote Wert gewesen. Dann wüßte man am Ende wohl, weshalb ein Gag auf Dorothy Parker oder Evelyn Waugh jetzt lustig sein müsste.
Leben ist das, was passiert, wenn man nicht einschlafen kann.
Dass das Buch hier am Ende nur 2/5 Sternen erhält liegt nicht wirklich an Lebowitz, sondern vor allem daran, wie wenig Liebe von Rowohlt in dieses Projekt geflossen ist. Nicht nur das, sondern auch der doch eher spezielle Humor Lebowitz – die wenig oft mit dicken Pointen sondern subtilem, beobachtendem Humor arbeitet – dürfte viele Leser sehr unzufrieden zurück lassen. Der Umschlag verspricht Schlagfertigkeit, Coolness und freche Literatur; und das war sie einst auch – aber mittlerweile liegt auf den Stücken Lebowitz eben auch der Kulturstaub aus 50 Jahren. Und das tut Texten, die in ihrer Zeit leben meist wenig gut.
Tipp: Das Buch lieber liegen lassen und statt dessen die 22 Euro in ein paar Tage Netflix investieren, um die oben erwähnte Doku zu schauen. Die Print-Seiten hier sind leider sehr unbefriedigend – wofür aber eben Lebowitz nichts kann.