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Killing Halloween. Killing Boredom.

Das Internet ist jedoch nicht gut darin, negativen Raum zu integrieren, sondern trainiert uns, Orte der Inaktivität nicht mehr zu sehen und unseren Blick immer auf das Spektakuläre zu richten.

Drew Austin schreibt über eine Beobachtung, die Urbanist Ryan M. Allen gemacht hat, und ich hab' es bei Johannes Kuhn gelesen: In den USA karren Eltern ihre Kids zu Halloween anhand von Apps und Karten in "coole" Gegenden, statt sie in der eigenen langweilig dekorierten Nachbarschaft rumlaufen zu lassen. Schuld sei u.a. das Internet.

Und es stimmt in gewisser Weise – am Ende, weil es uns die Influencer (die Reality Stars des aktuellen Jahrzehnts) vorgemacht haben: Unser normales, banales Leben ist nicht mehr gut genug. Deshalb ist alles, was langweilig ist, eben uncool und wir jagen online wie offline nur noch dem unrealistischen Anspruch des inszenierten Höhepunkts nach.

Gender-Reveal-Partys – weil ein Postkarte nicht mehr reicht.
Der besondere Felsen in Norwegen – weil eine normale Wanderung nur einfache Bäume im Wald zeigt.

Die Realität indes ist: Unser Alltag ist halt manchmal einfach uncool.
Die letzten 45 Tage bis zu meinem 45-sten Geburtstag versuche ich aktuell, jeden Tag mindestens ein Foto zu machen – gar nicht so leicht, wenn man den ganzen Tag arbeitet und nur mal fix mit dem Hund rausgeht…

Die nächste Eskalationsstufe ist jetzt KI-Kreation. Am Ende muss man sich dann nicht mal mehr Mühe für die Inszenierung geben. Ein Prompt reicht und zack habe ich coole Klamotten an, stehe auf dem Mt. Everest oder bin Gast auf Heidi Klums Halloween-Party … Who cares.

Wir brauchen endlich mal wieder eine Verbindung zum Leben. Dazu gehörte als Erstes, vielleicht zu sehen, dass wir in der eigenen Kindheit massig Langweile hatten – und die mit Nasebohren, an die Decke starren und sinnlosen Gedanken verbracht haben; und das vollkommen okay war.

Vielleicht rühren alle Probleme des Menschen daher, dass er nicht in der Lage ist, ruhig allein mit sich selbst in einem Raum zu sitzen”, schreibt Tommy Dixon in seinem langen Essay, auf das Johannes in seinem Newsletter weiter unten hinweist. Und ich würde behaupten: Ja.

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