Wo Raynor Winn in „Der Salzpfad“ mit der Wahrheit spart
Eine Wanderung, ein Lebenswandel, ein Bestseller.
Mit ihrem autobiografischen Buch „Der Salzpfad“ – und den beiden Folgebüchern – schrieb Raynor Winn ein inspirierendes Mut-Mach und Motivationsbuch. Und löste ganz nebenbei Europa einen kleinen Wander-Boom aus.
Im ersten Buch begeben sich Winn und ihr (tod-)kranker Mann nach dem Verlust ihres Hauses auf eine Wanderung entlang des South West Coast Path – und finden neben viele kleinen Geschichten auch sich selbst.
Der Salzpfad: Täter statt Opfer?
Nun wirft der britische Observer der Autorin vor, ihre Werke seien nicht ganz so der Wahrheit verpflichtet, wie Winn das seit Jahren behauptet. Weder seien Winn und ihr Mann unverschuldet und ganz so mittellos gewesen, wie beschrieben – vielmehr hätten sie Geld veruntreut. Noch sei ihr Mann so todkrank – Patienten mit seiner Krankheit lebten in der Regel nicht so lang. Und zum Schluß wäre – das wüsste bisher nicht einmal ihr Verlag – Raynor Winn überhaupt nicht ihr richtiger Name: Winns echter Name sei Sally Walker und der sei verbunden mit einer Geschichte, die zwar auch Verfilmungswürdig sei, aber eher für ein True-Crime-Drama taugt statt einer wholesome Geschichte des Sich-Findens.
Eine Bombe, die da platzt – mitten in den Kinostart der Verfilmung des Millionen-Sellers.
Aus dem Märchen wird eine Thriller
Ich habe „Der Salzpfad“ gern gelesen – es ist eine inspirierende Geschichte und eine schöne Beschreibung der Wanderung. Eigentlich freue ich mich auch auf die Verfilmung mit zwei meiner Lieblingsschauspieler – Gillian Anderson und Jason Issacs.
Stimmen die Vorwürfe des Observers nun jedoch dürfte das für viele Fans von Winn eine bittere Pille zu schlucken sein. Seit 10 Jahren steht die Autorin sinnbildlich dafür, sich durchzubeißen, zu motivieren, nie aufzugeben und den eigenen Traum zu leben.
Wenn nun zu Beginn ihrer ganzen Geschichte keine Notlage, sondern eher eine Flucht vor den Konsequenzen kriminellen Handelns steht, mit einem weniger kranken Mann und einer falschen Identität, bringt das einiges zum Einsturz. Da ist die sich aufdrängende Frage, wieviel Winn mit ihrem Mann eigentlich wirklich gewandert ist, eine weitere – wenn auch die wohl Kleinste.
Winn bestreitet die Vorwürfe natürlich, sagt im gleichen Atemzug jedoch ihre Lesetour ab. Es wird interessant zu sehen sein, ob sie ganz abtaucht. Was gerade noch ein perfektes Märchen war, zerfällt und dürfte auch der Verfilmung wenig gut tun an den Kinokassen.
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