Staatlich geforderte Resilienz

Resilienz ist für mich eines der größeren Unworte im Bereich der Mitarbeiterführung, die in den letzten Jahren aufkamen. Widerstandsfähig soll man bitte sein.

Das fordert nun auch Mama Bundesrepublik in Form unseres Bundespräsidenten.
Denn Frank-Walter Steinmeier hat eine lang erwartete Grundsatzrede gehalten.
Nach dem Anschauen würde ich sagen: Steinmeier, Bundespräsident und Demotivationsredner: „Die Friedensdividende ist aufgebraucht […]. Wir brauchen die Kraft zur Selbstbeschränkung. […] Dafür brauchen wir eine starke Bundeswehr. […] Wir brauchen aktive, widerstandsfähige Bürger.

Steinmeier spricht immer wieder vom „Rückenwind“, den Deutschland in den letzten 30 Jahren hatte. Für manchen mag das wie Hohn klingen. In Zeiten, in denen Menschen durch Corona und Co seit drei Jahren von den letzten Kräften zehren und zunehmend auf die Straße gehen, weil sie Angst haben, dass ihnen mehr weggenommen werden – Freiheiten, Geld, Wohlstand – dazu aufzurufen, noch mehr zu verzichten? Ich weiss ehrlich nicht, ob das die Rede ist, die die Gesellschaft brauchte. „Ich bin für jeden dankbar, der an mehr denkt, als an sich selbst“, sagt Steinmeier. Aber ehrlich: in Zeiten der Krise wird der Blick eines jeden enger, und die Frage für manchen stellt sich: was kann ich mir von Steinmeiers Dankbarkeit kaufen? Und weshalb bin ich weniger Wert als jene, denen Steinmeier dankbar ist, und die er als „Rückgrat unserer Gesellschaft“ bezeichnet?

Ich bin überzeugt, dass es keine Zumutung ist, wenn wir die Menschen fragen, was sie für den Zusammenhalt in diesem Land bereit sind zu tun“, sagt Steinmeier und blockt dabei auf seinen Vorschlag einer sozialen Pflichtzeit. John F. KennedysFrage nicht, was dein Land für dich tun kann – frage, was du für dein Land tun kannst“ war schmissiger …

Christian Stöcker schreibt im SPIEGEL indes – und hat damit Recht -, dass der von Steinmeier angesprochene Epochenbruch viel Größeres umfasst, als den Krieg und die damit einher gehenden wirtschaftlichen Einbrüche. Es ist nämlich die Klimakatastrophe, die unsere Welt, Gesellschaft, unseren Wohlstand nachhaltig umwälzen wird.
Und vielleicht kann man das alles gar nicht besser verkaufen. Vielleicht darf man es nicht. Vielleicht hat Steinmeier Recht, wenn er ausspricht, dass wir einfach alle am Arsch sind und aufhören sollten zu jammern. Wirklich erbaulich ist das alles wenig. Und ich weiß doch auch nicht.

Ich geh mir jetzt Katzenvideos anschauen, die sind motivierende.


Text vom 30.10.2022 Uhr / Letzte Aktualisierung: 31.10.2022, 00:25 Uhr

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