Seit Ende des letzten Jahrhunderts gehört die E-Mail für mich und viele anderen Menschen zum digitalen Arbeitsalltag.
In den letzten Jahren, in denen ich nun selbständig war, durfte ich mit vielen Ansprechpartnern in Unternehmen kommunizieren – von kleinen bis hin zu den ganz großen Firmen.
Dabei genieße ich als Nachtmensch durchaus das Arbeiten, wenn andere im Bett liegen.
Eines jedoch habe ich mir schnell abgewöhnt und verteidige es auch: Ich lese keine E-Mails außerhalb der normalen Bürozeiten. Nicht nach 19 Uhr und nicht am Wochenende.
Das hat seinen Grund.
E-Mails sind in meinem Leben immer mit Arbeit verbunden – weil aus ihnen eine konkrete Aufgabe, ein Blog-Beitrag oder eine zu verarbeitende Information entsteht.
Dabei erwecken E-Mails zu 90 Prozent der Zeit natürlich den Eindruck, dass sie dringend sind und unbedingt sofort erledigt werden müssen. In den wenigsten Fällen steht in einer E-Mail: „Hat Zeit bis irgendwann später mal“.
Als Jemand, dem es schwer fällt vom Beruf abzulassen, ist der Verzicht von E-Mails am Morgen, Abend und Wochenende zumindest eine kleine Pause vom Druck.
Wen ich keine E-Mails lese, muss ich die darin enthaltenen Aufgaben auch nicht erledigen – oder die schlechte Information in ihr verdauen. Und mal ehrlich: Keine E-Mail, die um 23:30 Uhr von einem Kunden kommt, ist wichtiger, als eine die um 9:20 Uhr am nächsten Morgen kommt.
Vielmehr muss dein Gegenüber sowieso damit rechnen, dass du sie nicht vorher liest. Und wenn er es erwartet, hast du ihn falsch erzogen …
Wir Selbständigen sind keine für Geld eingekauften Sklaven.
Meine theoretische Bürozeit läuft beispielsweise von Morgens um 10 Uhr bis Abends 19 Uhr. Innerhalb dieser Zeit bin ich per E-Mail erreichbar, innerhalb dieser Zeit kann man auch mit einer Antwort rechnen.
Ausserhalb dieser Zeit lese und sende ich keine Mails.
Sollte doch irgendwo etwas „brennen“, kann man mich per Telefon erreichen. Aber sagen wir es mal so: in den letzten Jahren als Community Manager, Berater und Autor brannte es bisher nie nach 19:30 Uhr …
Lege ich eine Nachtschicht ein und muss selbst E-Mail schreiben, hilft mir die GMail-App Boomerang, meine E-Mails zu timen. Dann mag ich vielleicht eine E-Mail nach 19 Uhr schreiben, sende sie jedoch nicht vor Morgens 8 Uhr. Mein Gegenüber weiß also nicht, dass ich früh um 4 Uhr erreichbar war und könnte in die Versuchung kommen, dies künftig vorauszusetzen.
Arbeite ich übrigens Nachts (was als Schlaftyp „Eule“ durchaus vorkommen kann), schreibe ich E-Mails nur. Um dafür nicht in den Posteingang zu müssen, hilft ein Short-Link, mit dem man eine neue leere Mail in Gmail erstellt, ohne in den Posteingang zu müssen. So gehe ich sicher, dass ich keine Mails vor dem nächsten Morgen lesen werde (insofern nützt es also nichts, mir in der Nacht eine zu schreiben, weil ihr jetzt hier lest, dass ich da wach sein könnte).
Gute Beziehungen brauchen Regeln. Und damit meine ich nicht (nur) die in deinem E-Mail Programm.
Ich behandle E-Mail während der Bürozeit zwar eher wie einen Chat, für mich ist sie aber trotzdem kein Echtzeit-Medium, denn ich weiß einfach nicht, ob mein Gegenüber wirklich gerade erreichbar ist. Dieses ist nicht nur ein Nachteil, sondern auch der Vorteil in unserer Arbeitswelt. Niemand kann von mir verlangen, dass ich E-Mails nach 22 Uhr lese – auch wir Freelancer haben etwas wie Freizeit. Das kollidiert übrigens nicht mit meinem Five Sentence-Antwort-Verhalten, finde ich.
Seit ich auf E-Mails am Wochenende und Abend verzichte bin ich entspannter und habe bessere Laune … und arbeite insgesamt auch weniger am Wochenende.
Gerade übrigens in meinem Leseregel:
Work Smarter, Rule Your Email (Kindle Edition) von Alexandra Samuel