Automesse Paris: Ein Schatten ihrer selbst
Die Zeit der Automessen ist vorbei. Egal ob Detroit, Genf oder – wie jetzt – Paris: die Hersteller bleiben den Events fern, und die Kunden brauchen sie wohl auch nicht mehr.
„Automessen befinden sich im Wandel“ schreibt heise und untertreibt. Große Automessen dürften ein aussterbendes Produkt sein.
Egal wohin man schaut: Die IAA 2021 dürfte deutlich hinter den Erwartungen geblieben sein, der Genfer Automobil Salon ist faktisch tot nachdem er selbst für 2023 abgesagt wurde. Detroit ist dermaßen geschrumpft, dass die Messe in Europa in der Berichterstattung quasi nicht stattgefunden hat. Überall fehlen vor allem die großen Hersteller.
Das zeigt sich auch beim Pariser Automobil Salon ( 17. – 23.10.2022). Der eröffnete am Montag seine Tore – und man merkt vor allem, dass die Namen mit Anziehungskraft fehlen. Wie bereits bei der IAA 2021 gibt es auch in Paris mehr Ab- als Zusagen.
Paris und die IAA waren immer auch Standortbestimmung für den europäischen Automarkt. Doch bis auf die französischen Hersteller fehlt im Grunde alles mit Rang und Namen: Stellantis‘ Fiat, Maserati und Alfa-Romeo, VW, Audi, Porsche, SEAT und Skoda, BMW und MINI, Hyundai und Kia, Jaguar Land Rover, Toyota und Lexus, Mercedes, Subaru, Volvo, Ford und selbst die französische Stellantis-Marke Citroen fehlen alle.
BMW stellte seinen M2 einfach vor zwei Wochen digital vor (ohne viel Tam-Tam), Polestar seinen „3“ letzte Woche in Kopenhagen. Und Mercedes ist frech genug seinen EQS einfach direkt vor der Messe-Eröffnung im Rodin Museum in Paris vorzustellen, nicht aber an der Messe teilzunehmen. Ein Abend nutzen an dem alle Journalisten zur Not schon in der Stadt sind, eine kleine Location – alle Aufmerksamkeit. Praktisch.
Es wird spannend werden, wo die Los Angeles Auto Show sich Mitte November positionieren wird. Doch der Messe-Reigen den es einst gab – Detroit, Genf, New York, Shanghai (im Wechsel mit Beijing), Frankfurt (im Wechsel mit Paris) und Los Angeles dürfte der Vergangenheit angehören.
Der Auftritt dort ist für viele Hersteller nur noch teuer und steht in keinem Verhältnis zum Effekt mehr.
Apple zeigt den Autoherstellern, dass rein digitale Events mit ein paar Presse-Menschen in irgend einer eigenen, günstigen Lokation genau so erfolgreich sind. Zudem kann man die Termine selbst wählen. Und in Zeiten, in denen die meisten Menschen sich ihr Auto sowieso online konfigurieren kann man sich Messen auch schenken.
Wer in Paris neben Renault, Dacia und Peugeot nicht fehlt: die Chinesen.
BYD, Atto, Great Wall, Ora, … Die nutzen die Chance: Wenn schon niemand anderes da ist gehört die Bühne ihnen. Und weil die Marken noch nicht überall mit Showrooms und guter Infrastruktur glänzen können, haben sie hier die Möglichkeit Motor-Presse und Konsumenten zu erreichen. Aber auch das dürfte sich in den kommenden Jahren dann ändern.
Die „Mondial de l’Automobile 2022“ in Paris ist alles: aus der Zeit gefallen, ein krankes Kind – aber nicht „Mondial“ (global). Es wird spannend, ob sie 2024 noch einmal stattfindet oder den weltlichen Weg ihrer Genfer Schwester geht …
Persönlich bedauere ich das durchaus. Messen haben mich 16 Jahre lang begleitet – für BMW ebenso wie die Leipziger Messe. Und ich bin mir sicher, auch in Zukunft die ein oder andere weiter zu besuchen. Als große Events mit hundertausenden Besuchern jedoch glaube ich nicht an ihre Zukunft.
Zum Thema schrieb ich auch bereits:- September 2021: IAA 2021: Ausstellung ohne Auto – und Zukunft
- Juli 2019: Das Sterben der IAA Frankfurt – warum Automobilmessen ausgedient haben
Text vom 17.10.2022 Uhr / Letzte Aktualisierung: 19.10.2022, 12:57 Uhr