Formel 1 will mehr und kürzere Rennen – ein falscher Weg
Stefano Domenicali, der Chef der Formel 1, will einmal mehr die Rennwochenenden ändern: Mehr Sprintrennen, kürzere Hauptrennen. Dabei zieht er die falschen Schlüsse …
Ich finde die Sprintrennen massiv langweilig und sinnbefreit. Weil es um nichts geht. Weil niemand etwas riskieren kann – am Sonntag gibt es mehr Punkte und niemand will sich das Auto kaputt fahren.
Zudem verkürzt ein Sprint-Wochenende die Trainingszeit der Teams und Fahrer. Domenicali argumentiert, die Zuschauer bräuchten die Freien Trainings nicht. Er vergisst dabei die Fahrer und Teams. Wie sehr die diese Trainings benötigen, sieht man an jedem Sprint-Wochenende. Zudem nimmt er auf diese Weise vor allem neuen Fahrern wieder Trainingszeit ab – ohne Testfahrten mit erneut gerafften Wochenenden haben es Neueinsteiger und Teams noch schwerer, sich weiterzuentwickeln.
Für mich als Zuschauer sind Sprint-Wochenenden zudem stressig. Alles geht bereits Freitag los; ich bin das ganze Wochenende über gebunden. Klar, Domenicali gefällt es, wenn ich 22 Wochenenden lang zwei Tage Formel 1 schaue. Meiner Familie und meiner Sportstatistik weniger …
Natürlich gibt es auch in der MotoGP und DTM zwei Rennen pro Wochenende. Es gibt aber auch einen Grund, weshalb ich die beiden Serien nicht verfolge …
Und dann will Domenicali Rennen kürzen.
Sein Argument: Es schauen viel mehr Menschen die Zusammenfassungen auf YouTube, als die Rennen im TV.
Das ist mal ein Riesenargument und ein typisches Beispiel für falsche Schlussfolgerungen im Management. Gerade die 70 Runden haben ihren Reiz – im letzten Rennen entfaltete sich das Drama erst aufgrund der Rennlänge. Niemand würde auf die Idee kommen, ein 24-Stunden-Rennen kürzen zu wollen, weil die Zuschauer nicht die 24 Stunden durchschauen … Domenicali vergisst, dass das Rennen nicht nur am TV-Bildschirm stattfindet. Er vergisst, dass es in Ländern wie Deutschland 35 Euro kostet, die Formel 1 zu verfolgen. Er vergisst, dass nicht jede:r an jedem Sonntag vor dem Fernseher sitzen kann …
Dass die Höhepunkte auf YouTube so oft angeschaut werden, ist eher eine Bestätigung für den Erfolg der Formel 1, als dafür, dass man das Format umbauen sollte.
Ich verfolge die Formel 1 seit drei Jahrzehnten. Ich heule den V10-Motoren nicht nach. Ich finde jede Saison spannend. Sollten sich die Ideen von Domenicali aber wirklich durchsetzen, bin ich, glaube ich, raus – das sind Entwicklungen, die für mich leider in die falsche Richtung gehen …
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