Im Osten bleiben bedeutet, der AfD im Weg zu stehen
Bleiben oder gehen?
Diese Frage stelle ich mir nach jeder Wahl hier im Osten Deutschlands. Und neulich fragte mich auch eine Kollegin, als ich mal wieder auf Arbeit in München war: "Wie lebt man eigentlich dort, wenn man weiß, dass jede:r Zweite AfD wählt?"
Paul Frommeyer schreibt in der taz genau darüber.
Es ist so: du hoffst eigentlich, dass die netten Menschen um dich herum nicht AfD wählen. Klar, bei manchen erkennst du es - weil dumme Kommentare über Politik oder Immigranten fallen.
Vor allem über Letztere fallen hier in der Gegend aber gar nicht viele Kommentare, weil es einfach wenig "ausländisch aussehende Menschen" hier leben. Das ist auch das lebende Paradoxon der auf Ausländer schimpfenden Ostdeutschen, während hier die wenigsten Immigranten leben (wollen).
Bleiben oder gehen?
Meine Antwort war bisher immer: Bleiben. Und auch die anschließende Frage der Kollegin beantwortete ich so. Obwohl 40 % der Einwohner hier bei der Bundestagswahl im Februar AfD wählten. Bleiben. Obwohl ich jede:n Wähler:in der AfD hier in Sachsen-Anhalt – wo die Partei als gesichert rechtsextreme gilt – als Rassisten bezeichnen würde. Bleiben. Weil ich den Osten, der nun auch einmal meine Heimat ist, doch nicht einfach Rassisten überlassen kann. Mein Widerstand ist, wenn ich aus der Orts-Facebook-Gruppe geworfen werde, weil ich die AfD als Nazis bezeichnete. Mein Widerstand ist, wenn ich bei jeder Wahl hier einfach linksgrünversift wähle.
Was wäre denn die Alternative? In eine Gegend ziehen, wo mir die Wähler besser gefallen?
Noch immer wählen 60 % der Menschen hier andere Parteien als faschistische. Und mit den Menschen umgebe ich mich eben. Und ansonsten setze ich drauf, dass ich mit meinen links erzogenen Kindern und meiner Wahlstimme hier eben ein bisschen was entgegen wirken kann.
Ich möchte mein Zuhause nicht wegen der AfD aufgeben. Ich will, dass sie politisch und auch für mich persönlich wieder bedeutungsloser wird.
– Paul Frommeyer
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