Merz' Kabinett wird so langsam gedroppt – und es ist genau so gruselig, wie ich mir das vorgestellt habe.
Ewig-gestrig, männlich weiß, verbandelt und fleischlastig.
Johann Wadephul wird Außenminister, und erzählt als Erstes, dass er die feministische Außenpolitik seiner Vorgängerin nicht fortsetzen wird
Alois Rainer wird Landwirtschaftsminister & ist gelernter Metzger
Doro Bär – Flugtaxi-Fan – wird Ministerin für Forschung, Technologie und Raumfahrt (lol, Raumfahrt!)
Karsten Wildberger soll das neue Digitalministerium übernehmen – ein Boston-Consulting-Berater, der aktuell Vorstandsvorsitzender bei Mediamarkt-Saturn ist. Weil hey, was kann schon schief gehen, lässt Elon Musk fragen.
Wolfram Weimer wird Kulturstaatsminister – vorher war er Gründer von "Cicero" und Chefredakteur von WELT und Focus. Seine Auszeichnung für den Job ist wohl primär die Freundschaft zu Friedrich Merz und ein Signal.
Katherina Reiche wird Wirtschaftsministerin – eine E.ON-Managerin, Vorsitzende des Nationalen Wasserstoffrates und Lebensabschnittsgefährtin des früheren Verteidigungs- und Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg.
Karin Prien wird neue "Super-Ministerin" für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend – Prien hat sich nun auch nicht nur mit Ruhm bekleckert (siehe Kommentare zu diesem Beitrag, Danke an Nico).
Auf der Haben-Seite immerhin: Jens Spahn und Carsten Linnemann bleiben uns als Minister erspart. Kann man nur auf die SPD Minister:innen hoffen; die sollen am 05. Mai bekanntgegeben werden.
Die EU will Straßen sicherer machen und denkt sich dafür aus, wie sie alte Autos künftig schneller von den Straßen bekommt. Im Gegenzug will man Papierkram digitalisieren – aber auch nur so halb.
„Wenn DOGE nicht gebremst wird, dann ist der Weg zur Anarchie vorgezeichnet. Dann werden wir Science-Fiction-Streifen, die eine dystopische Zukunft für Amerika darstellen, künftig zum Genre der Dokumentarfilme zählen.“ – Zwei Whistleblower aus Musks Umkreis warnen vor dem Ausmaß & den Konsequenzen die Elon Musks Tun im Regierungsapparat der USA hat. (Berliner Morgenpost)
Derweil ist DOGE weit davon entfernt, das selbst angestrebte Einsparungsziel zu erreichen. Das scheint indes keine Rolle zu spielen – denn das eigentlich Ziel ist eher die Zerstörung staatlicher Strukturen und die Demontage von Behörden, die den Zielen von Musk & Freunden im Weg stehen. (NYTimes)
Derweil hat die Washington Post einmal nachgespürt, wo Elon Musk eigentlich seine fantastischen Ideen her bekommt, mit denen er hausieren geht. Dazu haben die Journalisten über 50.000 Posts von Musk ausgewertet – und zeigt mit anschaulicher Datenvisualisierungen, was dem reichsten Menschen der Welt "am Herzen liegt". (Washington Post)
Kommt das Social Media Verbot für Jugendliche auch in Deutschland?
Im Koalitionsvertrag von CDU und SPD betont man die Wichtigkeit von Medienkompetenz. Konkrete Maßnahmen, wie man diese stärken will hingegen – oder auch nur den Gedanken, eben diese stärken zu müssen – bleibt man schuldig.
Stattdessen will man "die Auswirkungen von Bildschirmzeit und Social Media-Nutzung auf Jugendliche schnellstmöglich wissenschaftlich bewerten" und darauf aufbauend ein Maßnahmenpaket zur Stärkung von Gesundheits- und Jugendmedienschutz erarbeiten.
So, wie ich die CDU kenne läuft das auf ein Jugendverbot für Social Media hinaus. Allein, dass die CDU einen erneuten Anlauf für Vorratsdatenspeicherung und Leistungsschutzrecht in den Koalitionsvertrag schreibt ist schon eher obsessives Verhalten als Rationalität. Beide Vorhaben hatten deutsche und europäische Gerichte bereits mehrfach kassiert.
Was spannend sein wird, sind die Diskussionen um den Schutz der Jugend in Social Media. Die Diskussion gipfelte in Australien in einem Verbot von Social bis 16 Jahre (tritt Ende des Jahres in Kraft) und Frankreich drückt auf europäischer Ebene ordentilch für ein solches Verbot. Auch in den USA werden entsprechende Diskussionen heiß geführt.
Ich halte von Verboten in diesem Bereich wenig. Eine konsequentere Handhabung gegen die Plattformen & Online-Hass sowie -Belästigung sowie die Stärkung von Medienkompetenz in jungen Jahren wären nach meinem Empfinden eher eine Lösung, als etwas bis 16 zu verbieten und dann zu meinen, die Kompetenz sei von einem auf den anderen Tag da.
Im Koalitionsvertrag steht in Zeile 2554 allen Ernstes: „Wir errichten eine Nationale Hyperloop Referenzstrecke“. Sag mal, was schnupfen die eigentlich? Das hat doch der Söder da rein geschmuggelt!
Hyperloop! Wirklich?
Erinnert sich noch jemand an den Transrapid?
Statt die Kohle in den Ausbau existierenden ÖPNV zu stecken macht man das 'Deutschlandticket' teurer und beschäftigt sich ernsthaft mit so einem Quatsch wie dem Hyperloop. Dieser absurden Idee von Zügen, die über hunderte Kilometer durch eine Vakuumröhre donnern. Nicht erfunden, aber gehypt durch das Ketamin getränkte Hirn von Elon Musk. So cool als Vorhaben, dass daran bereits mehr als eine Firma insolvent gegangen ist.
Als Einzige in Deutschland bastelt da tatsächlich noch die TMU rum. Bayern halt.
Söders Regierung hat der TMU für ihren 24-Meter langen Hyperloop-Testtunnel 4 Millionen Euro geschenkt. Jetzt soll aus dem Bund noch ein bisschen mehr kommen.
Doch selbst, wenn man die technischen Herausforderungen gebacken bekommt – und das stet in den Sternen – geht das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) davon aus, dass der Hyperloop in Europa Science Fiction bleibe, weil die benötigte Infrastruktur (geradeaus führende Betonröhren) aufgrund der dichten Bebauung schlichtweg nicht geschaffen werden könne. Und dann wären da die Kosten: Nach Schätzung des DLR kostet der Bau eines Kilometers Hyperloop-Strecke das Doppelte von dem einer normalen ICE-Trasse. Dass man für den Betrieb neue Infrastruktur benötigt, statt alte zu verbessern, brach auch dem Transrapid damals das Genick.
Ja, der Koalitionsvertrag ist nur eine Absichtserklärung. Aber wie absurd es ist, dass hier Söder tatsächlich seine Lieblingsphantasie in das Papier kloppt, nachdem der Traum vom Vorgänger Stoiber mit dem 10-Minuten-Transrapid schon nicht klappte.
Diese Frage stelle ich mir nach jeder Wahl hier im Osten Deutschlands. Und neulich fragte mich auch eine Kollegin, als ich mal wieder auf Arbeit in München war: "Wie lebt man eigentlich dort, wenn man weiß, dass jede:r Zweite AfD wählt?"
Paul Frommeyer schreibt in der taz genau darüber.
Es ist so: du hoffst eigentlich, dass die netten Menschen um dich herum nicht AfD wählen. Klar, bei manchen erkennst du es - weil dumme Kommentare über Politik oder Immigranten fallen.
Vor allem über Letztere fallen hier in der Gegend aber gar nicht viele Kommentare, weil es einfach wenig "ausländisch aussehende Menschen" hier leben. Das ist auch das lebende Paradoxon der auf Ausländer schimpfenden Ostdeutschen, während hier die wenigsten Immigranten leben (wollen).
Bleiben oder gehen?
Meine Antwort war bisher immer: Bleiben. Und auch die anschließende Frage der Kollegin beantwortete ich so. Obwohl 40 % der Einwohner hier bei der Bundestagswahl im Februar AfD wählten. Bleiben. Obwohl ich jede:n Wähler:in der AfD hier in Sachsen-Anhalt – wo die Partei als gesichert rechtsextreme gilt – als Rassisten bezeichnen würde. Bleiben. Weil ich den Osten, der nun auch einmal meine Heimat ist, doch nicht einfach Rassisten überlassen kann. Mein Widerstand ist, wenn ich aus der Orts-Facebook-Gruppe geworfen werde, weil ich die AfD als Nazis bezeichnete. Mein Widerstand ist, wenn ich bei jeder Wahl hier einfach linksgrünversift wähle.
Was wäre denn die Alternative? In eine Gegend ziehen, wo mir die Wähler besser gefallen?
Noch immer wählen 60 % der Menschen hier andere Parteien als faschistische. Und mit den Menschen umgebe ich mich eben. Und ansonsten setze ich drauf, dass ich mit meinen links erzogenen Kindern und meiner Wahlstimme hier eben ein bisschen was entgegen wirken kann.
Ich möchte mein Zuhause nicht wegen der AfD aufgeben. Ich will, dass sie politisch und auch für mich persönlich wieder bedeutungsloser wird.
– Paul Frommeyer
In Sachsen-Anhalt gilt die AfD übrigens als gesichert rechtsextrem. Nur noch einmal erwähnt, während wir so Richtung Brandmauer-Geblubber von Friedrich Merz schauen. Diese Woche markiert übrigens den Zeitpunkt, an dem die AfD in den Umfragen erstmals gleichauf mit der CDU ist. Wieso sollte man auch nicht das Original wählen, wenn die so fantastische Ideen wie Deutschlandflaggen an Schulen haben.
"Das ist unser moralischer Moment. […] Es geht nicht um Rechts oder Links, es geht um Richtig oder Falsch" – Der demokratische Senator Cory Booker hat als Protest gegen Donald Trump mit 25:04 Stunden die längste Rede im US-Senat gehalten. Dabei hat er an Politiker wie Bevölkerung appeliert, sich gegen den faschistischen Umbau der USA, den Donald Trump aktuell führt, zu wehren.
Eine Zusammenfassung und kurzes Interview gibt es in der Show von Rachel Maddow von heute:
Die Masse an Scheisseflut-Meldungen aus den USA reißt ja nicht ab – allein, wenn ich sie dokumentieren wöllte, wäre es ein Fulltime-Job. Aber ich will überhaupt nicht alles kauen, denn es lenkt die Aufmerksamkeit auf die falschen Dinge und lässt uns in eine Emporungsspirale abdriften, der ich nur ab und an mal auf Threads nachgebe – zum Beispiel, wenn Trump das Weiße Haus zur Autohandlung für Teslas umfunktioniert.
Das hier aber, will ich einfach nur hier hin stellen. Denn neben der reinen staatlichen Macht versucht Trump auch die Vierte Gewalt der Medien in den USA abzubauen. Er diskreditiert die freien Medien ja nicht erst seit gestern, sondern bereits seit seinem Wahlkampf 2015 und hat massiv dazu beigetragen, dass das Vertrauen in Medien nachgelassen hat. Seit er aber nun in seiner 2. Amtszeit ist, schießt er noch stärker und erklärt in seiner jüngsten Rede gar, die freien Medien seien nicht nur korrupt, sondern illegal – vor allem sei es illegal, ihn zu kritisieren.
Da bereitet jemand wohl langsam vor, das Justizministerium in Redaktionen zu schicken …
The Washington Post, The Wall Street Journal and MSDNC, and the fake news, CNN and ABC, CBS and NBC, they’ll write whatever they [*] say. And what do you do to get rid of it? You convict Trump. It’s totally illegal what they do. I just hope you can all watch for it, but it’s totally illegal.
Während Trump nicht direkt erklärte, wen er mit "they" meint, wurde im Kontext klar, dass er damit Mitarbeiter des Department of Justice und der Demokratischen Partei meint. Er warf konkret CNN und MSNBC vor der "Arm der Demokraten" zu sein. "In my opinion, they’re really corrupt", führte er fort.
Es muss jetzt wirklich jeder begreifen, dass […] der Kampf gegen die AfD etwas ist, das alle zu jeder Zeit angehen müssen. Er muss Alltag werden.
Der SPD-Mann Karamba Diaby bekam als SPD-Direktmandat in den letzten Bundestagswahlen stets meine Stimme. Nun zieht er sich aus der Politik zurück und gibt aus diesem Anlass der ZEIT ein Interview.
Vielleicht bin ich naiv. Aber ich weigere mich, die Hoffnung zu verlieren.
Mit 63 will Diaby den Jüngeren Platz machen. Wo Diaby 2021 noch mit 28% gewann und der AfD-Mann auf gerade einmal 15% kam, sah das Ergebnis 2025 anders aus: 30% für den AfD-Kandidaten, 18% für den neuen SPDler.
Diaby hat in den letzten Jahren viel über sich ergehen lassen müssen: Beleidigungen in Social Media und im Bundestag. Morddrohungen. Schüsse auf sein Wahlkreisbüro.
Einen letzten Apell hat er, und ich finde damit macht er einen Punkt. Denn nicht nur gesellschaftlich, sondern auch wirtschaftlich sollten wir die AfD anfangen zu bekämpfen:
Fachkräfte im Ausland bekommen mit, was hier passiert. Und Unternehmer:innen bspw. aus Sachsen-Anhalt sollten nicht nur Politiker warnen, dass sie keine Mitarbeitenden mehr finden:
Ich finde, die Unternehmen müssen aber auch einmal etwas sagen. Sich zu Wort melden und […] klarmachen: Wenn ihr AfD wählt, dann haben wir hier bald ein riesiges Problem.