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13. Dezember 2025

Von Männern, der Unlust auf Romane, und wie man das ändern könnte

Why Did the Novel-Reading Man Disappear?, fragte die New York Times vor einer Weile. In den USA (und ich vermute: nicht nur da) machen Männer nur noch etwa 20 Prozent der Belletristik-Leserschaft aus.

Im Artikel fragt sich Joseph Bernstein, ob es daran liegt, dass im Roman nicht mehr ausreichend "männliche" Themen behandelt werden. Jordan Castro lässt sich gar dazu hinreißen, zu erzählen, dass der „allgemeine Ton und die Etikette der literarischen Welt feindlich gegenüber maskulinem Ausdruck“ sei.

Das halte ich für reichlichen Quatsch.
Ja, Fakt ist: Während der Anteil der von Frauen veröffentlichten Bücher in den 1970ern noch bei nur etwa 20% lag, hat sich die Quote bis heute auf 50% angeglichen. Beim Absatz lagen Autorinnen vor 50 Jahren noch bei nur 30%, heute verkaufen sie mehr als die Hälfte.

Das bedeutet ja aber nicht, dass es plötzlich ein Mangel an 'männlichen Sichtweisen' oder 'männlicher Sprache' gibt.

Trotzdem aber: Männer lesen weniger.
Zumindest Romane. Die wurden durch Dopamin- und Sucherzeugende Medien ersetzt. Männer scheinen schlichtweg anfälliger für kurzfristige Belohnungen zu sein und haben sich Medien zugewandt, die "den Jagdtrieb" befriedigen, statt sich stundenlang in eine Ecke zu setzen und ein Buch zu lesen.

Die NY Times zeigt auf, dass Männer ihre Zeit heute mit Online-Talkshows, Glücksspiel und in Games verbringen. Das ist besorgniserregend, resümiert der Artikel – für Auseinandersetzung und Bildung.

Niklas Stuhr appelliert an seine Geschlechtsgenossen in der Süddeutschen neulich auch: Männer, lest mehr Romane! (Archive.md-Link).

Weil Männer offensichtlich auf schnelle Befriedigung aus sind, die sich mit Lesen schwer erreichen lässt, braucht es für sie eher ein Rational, wieso sie lesen sollten. Wohl auch deshalb lesen Männer dann eher Sachbücher und Selbstverbesserungs-Schmöker als Romane. Da holen sie was raus!

Und während Bernstein in der NYTimes darüber berichtet, dass es mehr "männliche Literatur" braucht, neige ich eher dazu, Stuhr in der Süddeutschen Recht zu geben: „Es braucht nicht mehr Männer-Bücher […] Vielmehr braucht es einfach männliche Vorbilder, die lesen“. Lesen ist nicht performativ, sondern Freude. Das zu transportieren und die richtigen Hinleiter zu geben, ist wichtig. Und das kann Zuhause anfangen – mit vorlesen, und damit Bücher nicht zu Geschenken sondern zur normalen Nahrung zu machen – Bücher erreichbar, normal zu machen. Oder Bücher auch gemeinsam zu entdecken: Gemeinsam mit den Jungs zu lesen, darüber zu reden, sich Kapitel-Diskussionsmarken zu setzen. Kurz: Die Freude und Auseinandersetzung zu finden.

Also, keine Bücher zu Weihnachten verschenken, sondern Bucherlebnisse. Nur so kann es klappen.

Und warum wir mehr Lesen sollten? Weil es Leseverständnis fördert. In Welten entführen kann, die wir nicht kennen. Empathie fördern kann. Und uns lehren, dass es Wert ist in etwas zu investieren, dass nicht schon nach 10 Sekunden vorbei ist…

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13. Mai 2025

LegoGPT, oder: das Ende der Kreativität

Nennt mich alt, aber früher™ habe ich als Kind ja LEGO geliebt, weil ich mit meiner Fantasie und begrenzten Ressourcen neue Dinge erschaffen konnte. Jetzt haben Forscher:innen der Carnegie Mellon University einen KI-Chatbot entwickelt, der Lego-Bauanleitungen erstellen kann, nachdem man beschrieben hat, was man bauen will: LegoGPT.

Ja, es ist nur ein Forschungsprojekt. Aber als ich die Schlagzeile heute las, hätte ich es einfach auch LEGO selbst zugetraut. Wozu noch Kreative bezahlen, am Ende kann auch eine KI einfach das nächste Set entwerfen – oder mir anhand der Set-Nummer Alternativ-Vorschläge für neue Bauten vorschlagen. Wozu noch den Kopf anstrengen?
LEGO selbst macht ja schon seit Jahren mehr Geld mit AFOLs – Adult Fans of LEGO –, die LEGO nicht mehr als Kreatives sondern eher als Anleitungsbetreutes Modell-bauen ansehen (ich bin nicht frei, ich hab' hier auch einige "Klemmbaustein-Modelle" stehen).

Aber mal ehrlich: Kreativ zu sein ist essentiell für uns Menschen. In Schule, Beruf und nun auch in der Freizeit mit neuen KI-Tools trainieren wir uns das immer mehr ab. Etwas, dass nicht nur LEGO für seine Modelle will, sondern auch mehr und mehr Unternehmen: Kreative sind teuer, die kann ich durch KI ersetzen.
Das kann nur in einem Desaster enden.

KI soll nicht die Arbeit übernehmen, die mich geistig fit hält, mir gute Laune macht und mein Sein definiert - sie soll Wäsche waschen und kehren, damit ich für Kreatives mehr Zeit habe. KI würde nie das Rad erfinden, es würde uns nur andere Wege aufzeigen, wie wir ohne es auskommen.

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5. April 2025

Sachsen-Anhalt lokal: CDU und AfD stimmen gemeinsam für Deutschlandflaggen an Schulen

In Sachsen-Anhalt fehlt das Geld für saubere Toiletten an Schulen, aber Hauptsache, man hisst die Deutschlandflagge:

Im Jerichower Land soll an Landkreis-Gebäuden die Deutschlandfahne gehisst werden – auch an Schulen. Die CDU stimmte dafür einem AfD-Antrag zu.

In Sachsen-Anhalt gilt die AfD übrigens als gesichert rechtsextrem. Nur noch einmal erwähnt, während wir so Richtung Brandmauer-Geblubber von Friedrich Merz schauen. Diese Woche markiert übrigens den Zeitpunkt, an dem die AfD in den Umfragen erstmals gleichauf mit der CDU ist. Wieso sollte man auch nicht das Original wählen, wenn die so fantastische Ideen wie Deutschlandflaggen an Schulen haben.

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19. März 2025

Corona aus dem Labor? Man weiß es nicht…

Pünktlich zum fünften Geburtstag der Corona-Krise kommen Süddeutschen Zeitung und ZEIT mit einer Recherche um die Ecke, die alle Sars-CoV-2-Verschwörungstheoretiker hoch erfreut. Die Recherche nämlich befeuert die Idee, das Virus sei aus einem Labor entwichen.

> Tiefrot als 'Geheim' gestempelt in der ZEIT (Geschenklink)
> Nicht nur der Geheimdienst wird langsam stutzig in der ZEIT (Geschenklink)

ZEIT und Süddeutsche Zeitung berufen sich in ihren Berichten auf »streng geheime« BND-Dokumenten, wonach der Bundesnachrichtendienst bereits 2020 festgestellt habe, der Ursprung der Krankheit in einem Labor sei „wahrscheinlich“.
Das Problem: auf welche Daten sich diese Einschätzung des BND bezieht, die der vorherrschende Ansicht von Wissenschaftlern entgegensteht, ist nicht bekannt. Denn die Dokumente sind weiterhin unter Verschluss.

Das macht eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den Vorwürfen im Grunde unmöglich, urteilt Virologe  Christian Drosten im SPIEGEL. Spektrum.de schlüsselt einmal auf, was die Suche nach dem ewig Schuldigen nun eigentlich Belastbares hervor bringt. Zeigt sich: wenig, dass die nicht tot zu bekommende Labor-These stützt.

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6. März 2025

Musk: Empathie als Schwäche

Elon Musk meint, die „fundamental weakness of Western civilization is empathy". Charles Darwin – ihr wisst, der Typ, der sich mit Evolution auseinandergesetzt hat – hat hingegen nachgewiesen, dass wir uns ohne Empathie nie zu einer Gesellschaft entwickelt hätten. Aber was weiß Darwin schon?

Aber klar, Typen wie Trump und Musk fehlt jegliche Empathie und sie sind erfolgreich. Wie könnte ihr Schluss auch anders lauten? Dabei ist gerade die fehlende Empathie, was die ganze Situation seit 2016 im Grunde so zum Eskalieren brachte. Während Corona die Maske zu verweigern hatte nie etwas mit Freiheit sondern mit fehlender Empathie und massivem Egoismus zu tun.

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