Manche Dinge brauchen Zeit. Und so kommt es, dass ich nach 19 Jahren das Blog-Script Textpattern für mich entdecke.
In den Anfangstagen des Bloggens war es Gang und Gäbe, dass man experimentierte. Im Laufe meines (Blogger-)Lebens habe ich bereits mit vielen Scripten Zeit verbraucht: angefangen von Manila, zu Blogger.com, über die längst vergessenen Greymatter und sunlog zu einer eigenen Entwicklung, hin zu pMachine, Movable Type und b2 – quasi dem Großvater von Wordpress, bei dem ich schließlich in den letzten Jahren sowohl privat als auch beruflich hängen geblieben bin.
Wordpress: Vom kopierten Einbaum zum Ozean-Dampfer
Wordpress wurde im Jahr 2003 veröffentlicht und fußte damals – wie oben geschrieben – auf einem kleinen PHP Blog-Script. Seitdem hat es eine phänomenale Erfolgsgeschichte hin gelegt. Heute wird ein Drittel aller Webseiten im Netz mit Wordpress betrieben.
Das führt letztlich jedoch dazu, dass Wordpress sich vom Kern eines einfachen Blog-Scripts massiv entfernt hat. Heute ist es ein aufgeblasenes Content Management-System, dass sich um die Präsentation der Inhalte spätestens seit der Einführung des Gutenberg-Editors mehr kümmert, also um das Schreiben eben derer.
Das führte bei mir tatsächlich zu einer Art „Beklommenheit“. Einfach nur ein paar Gedanken in den Wordpress-Editor zu werfen – Bloggen im ursprünglichen Sinn – war einfach nicht mehr genug. Das SEO Plugin meckerte, der Block-Manager wollte mehr Farben, Schriften und Bilder, für Social, SEO und Blog brauchte es unterschiedliche Überschriften …
Wordpress wurde mir unbequem. Diesen „Optimierungsdruck“ eines Blog-Posts habe ich mir vorher schon selbst auferlegt, mit dem Gutenberg-Editor kam er auch noch von Wordpress. Hinzu kommt, das Wordpress mittlerweile ein gewaltiges Maß an technischem Ballast mitschleppt, den ich nicht brauche.
Mach es wieder einfach, bitte
Vor 20 Jahren war die Blütezeit der Blog-Scripte. Das Web 2.0 war in aller Munde, überall kamen neue kleine Scripte heraus.
Eines davon hörte auf den Namen Textpattern.
Wie auch Wordpress hat Textpattern die letzten 20 Jahre tatsächlich überdauert, ist sich in seinem „Minimal-Ansatz“ aber treu geblieben. Seit 20 Jahren existiert Textpattern in einer sehr spitzen Nische. Die Versionsnummer wanderte von 4.0 im Jahr 2005 (der ersten offiziellen Version) auf gerade einmal 4.8.8. In nahezu der gleichen Zeit trieb man Wordpress von Version 1.0 zu 5.9.3.
Im Kern also ist Textpattern „uralt“. Und trotzdem modern, denn die kleine Community hält es frisch. Nicht mit neuen Features, sondern konstanten Sicherheitsupdates und Anpassungen, damit es auch auf modernen PHP Servern läuft. Denn auch die Scriptsprache hat sich in der Zeit von 4 auf 8 weiter entwickelt.
Die Simplizität von Textpattern
Textpattern ist kein modernes CMS, sondern ein klassisches Blog. Sein Textfeld bietet nicht mal einen WYSIWYG, von Gestaltungsblöcken ganz zu schweigen. Statt dessen formatiert man Texte mit Textile – einer Sprache ähnlich Markdown, nur älter. Oder man nutzt HTML. Den Grundsatz von Textpattern stellt das störungsfreie Schreiben in den Mittelpunkt. Nicht die Gestaltung, SEO Tauglichkeit oder viele Bilder.
Und genau das, was ich im Jahr 23 meines Blogger-Daseins eigentlich suchte.
Ein System, dass mir keine Hemmung auferlegt.
Inhalte sortiert man in Textpattern über Sektionen und Kategorien. Und das ist etwas, dass ich in Wordpress dann tatsächlich vergeblich versucht habe auf einfache Art zu bauen: über Sektionen lassen sich bspw. verschiedene Themengebiete oder auch Inhalts-Typen ohne viel Aufwand realisieren. So sind die Bereiche Thema, Blog und Lesen hier im Blog jetzt Sektionen. Für alle hat man das gleiche Eingabefeld, alle lassen sich aber anders darstellen.
Dafür braucht es auch keine PHP Kenntnisse: Textpattern hat seine eigene kleine Template-Engine. Man kann mit der wunderbare Sachen anstellen – oder es auch lassen, und einfach nur losbloggen.
Weshalb ich Textpattern mag
Textpattern ist kein Script für jeden. Es braucht schon auch ein bisschen Nerdigkeit, um sich damit auseinander zu setzen. Vielleicht auch deshalb habe ich fast 20 Jahre lang links liegen gelassen. In meiner aktuellen Phase jedoch ist es genau was ich suchte.
Wo Wordpress mittlerweile mit all seiner Komplexität ablenkt und mich wirklich davon abhält, einfache, kleine Texte ins Netz zu küpeln besticht Textpattern mit seiner Einfachheit – ohne dabei einzuschränken.
Der Nerd in mir freut sich. Der Blogger von 2003 in mir auch.
Deshalb: Besser spät als nie. Willkommen Textpattern auf gigold.me.